Das morbide Wien
„Der Tod, das muss ein Wiener sein“, heißt es in einer Textzeile des Wienerlieds von Georg Kreisler. So wird dem Wiener ein gewisser Hang zur Morbidität nachgesagt und da ist es nicht verwunderlich, dass sich mit dem Zentralfriedhof eine der größten Friedhofsanlagen Europas in der Stadt befindet. Circa drei Millionen Verstorbene liegen dort begraben – ein Drittel mehr als in der Stadt heute Lebende und etwa die Hälfte aller Wiener, die je gelebt haben.
Davon keine Geringeren als die Haute Volée der Komponisten (Beethoven, Strauss, Brahms, Schubert), Musiker und Künstler (Curd und Udo Jürgens, Falco, Theo Lingen) sowie der ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten.
Da der Friedhof knapp 2 ½ km² groß ist und an der längsten Stelle über zwei Kilometer von einem Ende zum anderen misst, blieb mir nur, einen Bruchteil dessen zu entdecken, was es eigentlich dort zu entdecken gibt. So soll es sogar Rehe, Fasane und dererlei seltenes Federvieh geben. Aber ich habe ja keinen Zoobesuch gebucht, sondern wollte in den Charme des Morbiden eintauchen.
Das Grab eines meiner Helden der Kindheit, Theo Lingen, hab ich nicht entdeckt. Aber auf dem eifrig zusammengeschusterten Plan wollte ich zumindest die Ehrengräber besuchen und schauen, ob Falco tatsächlich so unwürdig begraben ist, wie manche behaupten. Und diese Personen haben vollkommen recht. In der Gruppe der Kunst- und Kulturschaffenden sticht ein Grab hervor. Und das ist Falcos (im Nachbargrab liegt übrigens seine Mutter). Ich erspare Ihnen an dieser Stelle ein Foto; machen Sie sich selbst ein Bild. War Falco schon zu Lebzeiten exaltiert, wollte man dies offenbar auch mit seinem Grab vermitteln. Ein ausladender drei Meter hoher Obelisk mit seinem Namen überragt alle umherliegenden Gräber, eine Panzerglasscheibe ist mit seinem Konterfei und den größten Hits versehen und auch ansonsten erinnert nichts als überzogene Opulenz an den Stil dieses Ausnahmekünstlers.
Umso eindrucksvoller der Alte Jüdische Friedhof, der im Osten des Areals seinen eigenen Platz hat. Beinahe unberührt stehen und liegen die Grabsteine da und erzählen noch mehr Geschichten, als die ohnehin schon zahlreichen auf dem nicht-jüdischen Teil. So stehen auf dem Epitaph sogar Berufsbezeichnungen oder persönliche Eigenschaften und allein die Tatsache, dass dort ein Großteil der Menschen nur bis Anfang des 20. Jahrhunderts begraben und diese Stätten seither beinahe sich selbst überlassen wurden, lässt viel Raum zum Nachdenken und Sinnieren. Erst recht in dieser Umgebung.
Wow! Man kommt sich vor, als würde man in einem Halloween Heftchen blättern.
Die Fotos sind dem wunderbaren Artikel eh auf den Leib geschnitten. Passend dazu deine Auswahl, sie schwarz/weiß zu zeigen. Damit triffste bei mir natürlich den Nerv.
LG die hippe
Bilder in schwarz/weiß auf so einem Friedhof und der Stil der verfassten Beiträge dazu,ist rührend zu betrachten und zu lesen.
Ebenso die spannende offengelassen Frage zu Falco.
Sehr interessant war dieser Tag sicher für Dich, auch leider ohne Theo Lingen.