Im Pratergarten prasseln mittlerweile die Kastanien von den Bäumen. Es riecht nach herabfallendem Laub, aufgeweichtem Boden, frisch gerösteten Maronen. Ich kam im Sommer nach Wien und ging im Herbst. Dazwischen lagen keine drei Wochen. Und jetzt sitze ich im Railjet, der mich in 8 ½ Stunden wieder in Berlin ausspuckt. Zeit für ein kleines Resümee.
Als ich mich kürzlich mit einem alten Bekannten traf – Sie wissen schon – berichtete dieser mir, wie er vor über 20 Jahren nach Wien gekommen ist. Er lief bei Nacht durch die Stadt und hörte diesen Gassenhauer von Rainhard Fendrich. Es war um ihn geschehen und er wollte nicht mehr weg. Fendrich als Einstiegsdroge, interessant. Ich wollte auch diesen Rausch, also flux das Mixtape von Klassik auf Fendrich gewechselt, Kopfhörer eingestöpselt und rein in die Nacht.
„Der Tod, das muss ein Wiener sein“, heißt es in einer Textzeile des Wienerlieds von Georg Kreisler. So wird dem Wiener ein gewisser Hang zur Morbidität nachgesagt und da ist es nicht verwunderlich, dass sich mit dem Zentralfriedhof eine der größten Friedhofsanlagen Europas in der Stadt befindet. Circa drei Millionen Verstorbene liegen dort begraben – ein Drittel mehr als in der Stadt heute Lebende und etwa die Hälfte aller Wiener, die je gelebt haben.
Davon keine Geringeren als die Haute Volée der Komponisten (Beethoven, Strauss, Brahms, Schubert), Musiker und Künstler (Curd und Udo Jürgens, Falco, Theo Lingen) sowie der ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten.
Als ich das erste Mal in Wien war, hat mich sogleich der stilvolle Mix aus Klassik und Moderne fasziniert, erst recht in Sachen Architektur. In dieser Stadt findet man quer durch die Epochen alles: Barock, Gotik, Renaissance, Jugendstil, Nachkriegsmoderne. Und immer mehr moderne Architektur, sichtbar im Kleinen wie am Gasometer und im Mikrokosmos der Grätzl. Oder im Großen beim Erschließen neuer Stadtflächen. Wien wächst nach oben. Darum soll es heute gehen.
Steigen Sie ein, ich nehme Sie mit auf meine Wochenkarte der Wiener Linien, die diesmal arg strapaziert wurde.
Ich traf mich gestern mit einem alten Bekannten auf dem Meidlinger Markt. Als wir im „Ignaz & Rosalia“ saßen, gesellten sich liebe Freunde von ihm (und die Besitzer des Cafés) zu uns und wir kamen ins Plaudern. Neben dem üblichen Smalltalk berichtete ich unter anderem von meinem Ausflug in die Weinhänge rund um den Kahlenberg und Leopoldsberg und wie schweißtreibend der Aufstieg war. Als Piefke drückt man sich offenbar etwas wohlfeiler aus, so dass ich schnell mit der berühmt-berüchtigten Wiener Sprachkorrektheit in Berührung kam. Denn mein saloppes „Ich bin zum Kahlenberg hochgelaufen“ wurde flux berichtigt in „‚Laufen‘ sag ma net. Des hoißt ‚gegangen‘.“ Selbstverständlich mit dem entsprechenden Augenzwinkern und genau deswegen mag ich sie, die Wiener. 😘
Wenn ich aus dem Fenster schaue, strahlt mich jeden Abend ein magenta-illuminiertes Gebäude an. Von weitem erkenne ich das bekannte Signet der Firma und denke: „Guckste einfach mal hin, sieht interessant aus.“ Ein Blick auf Google Maps verriet, dass es in der Umgebung noch weitere interessante Fundstücke gibt, also schnürte ich meine Wanderstiefel und lief los.
Nach dem letzten Blogbeitrag und der darin beschriebenen unplanmäßigen Planänderungen während meiner Touren wurde ich gefragt, ob diese spontan kommen. Ich antwortete, dass ich mit einer Art groben Route im Kopf losgehe, aber diese schnell über den Haufen werfe. Es ist weniger ein Plan, sondern eher eine Idee. Ich setze mir einen Zielpunkt, der Weg dahin weicht jedoch häufig von dem ab, wie ich ihn mir vorstellte. Und dieser ist meines Erachtens weitaus spannender als durchgetaktete Spaziergänge. Schritt für Schritt, Straße für Straße, Ecke für Ecke die Stadt für sich einnehmen.