Das moderne Wien
Als ich das erste Mal in Wien war, hat mich sogleich der stilvolle Mix aus Klassik und Moderne fasziniert, erst recht in Sachen Architektur. In dieser Stadt findet man quer durch die Epochen alles: Barock, Gotik, Renaissance, Jugendstil, Nachkriegsmoderne. Und immer mehr moderne Architektur, sichtbar im Kleinen wie am Gasometer und im Mikrokosmos der Grätzl. Oder im Großen beim Erschließen neuer Stadtflächen. Wien wächst nach oben. Darum soll es heute gehen.
Steigen Sie ein, ich nehme Sie mit auf meine Wochenkarte der Wiener Linien, die diesmal arg strapaziert wurde.
Unsere Reise startet an der Messe sowie dem Areal der Wirtschaftuniversität Wien. Der Campus wurde 2013 nach vier Jahren Bauzeit eröffnet, in deren Zentrum das von Zaha Hadid entworfene Library & Learning Center mit seinem exaltierten Dach steht. Das Ziel, Architektur von Weltrang zu schaffen, wurde erreicht: Super erBauer, gerne wieder. 5 von 5 Sternen.
Donau City
Über den menschenleeren Prater – einzig ein paar bierschwangere Damen wollten unbedingt ein Foto von sich, deren Wunsch ich selbstverständlich nachkam – fuhr ich weiter in die Donau City. Und ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll. Neben grenzenloser Überdimensionalität fühlt sich das Viertel als seelenlose Büro- und Schlafstadt an. Der Versuch, etwas alternative Urbanität durch einen Foodtruck, selbst zusammengezimmertem Mobiliar aus Cola-Kisten und einem Kletterpark zu erreichen, kann man als „stets bemüht“ abtun. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Wochenende war und der Wind in Böen durch die Häuserschluchten pfiff. 2 von 5 Sternen.
Wo sich Wien und Niederösterreich „Guten Tag“ sagen
Auf 500px entdeckte ich einst ein interessantes Foto eines Hauses mit leicht geschwungenen Fassadenelementen und fand heraus, dass dies in Wien ist. Also hin da! Dass dies beinahe am nördlichen Stadtrand liegt, ist als stolzer Besitzer besagter Wochenkarte zweitrangig. Schließlich „ist in Wien alles innerhalb von maximal 45 Minuten zu erreichen“. Über die wunderschöne Alte Donau gondelte mich also die U-Bahn nach Kagran. Etwa einen Kilometer, bevor Wien von Niederösterreich verschluckt wird (oder umgekehrt) gibt es das Citygate – wahrscheinlich als Tor zur Stadt errichtet. Und nicht zu übersehen die beiden Wohntürme mit ihrer einerseits geschwungenen als auch gezackten Fassade, wobei Ersterer sogar 2016 in den Top Ten der „Emporis Skyscraper Awards“ war. 4 von 5 Sternen.
Hot in the Wienerberg City
Nächste Station der Reise – Sie sehen, Erholung wird heute klein geschrieben – war die Wienerberg City im Süden. Ein Stadtteil, der neben der Donau City den größten Wolkenkrater-Anteil der Stadt hat. Und auch hier ein ähnliches Bild: Der Wind pfiff, das Areal war kühl und unlebendig. Für Fotos reicht’s jedoch. Und dem in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen „Erholungsgebiet Wienerberg“ einen Besuch abzustatten. 3 von 5 Sternen, aber nur wegen des Parks.
Alter, Laa!
Wenn ich schon mal im Süden bin, wollte ich mir einen heimlichen Traum erfüllen. Als nächtlichter N24-Gucker blieb ich mal nicht bei Hitlerdokus oder den spektakulärsten $foo hängen, sondern einer Dokumentation über den Wohnpark Alterlaa. Eine Stadt in der Stadt und eine der größten Wohnanlagen Österreichs. Und was soll ich sagen? Bombastisch! Auf 24 Hektar wohnen und arbeiten knapp 10.000 Menschen und anders als man es sich in Großwohnsiedlungen vorstellt, hat das Areal enorme Aufenthaltsqualität. Nicht nur, dass die Wohnungen so ausgerichtet sind, dass jeder etwas vom jeweiligen Tageslicht abbekommt. Die unteren Stockwerke sind terrassenförmig und mit Pflanztrögen an den Balkonen angeordnet, damit diese vermeintlich „schlechten“ Etagen eine Art Kleingarten vor ihrer Wohnung haben. Auch drumherum ist viel Grün, Infrastruktur, Freizeit- und Kulturfläche, was enorm zur Aufwertung beiträgt. Einzig der Wunsch, vom auf den Dächern befindlichen Schwimmbädern ein Foto über das in der Abendsonne versinkende Wien zu machen, blieb mir verwehrt. 5 von 5 Sternen.
Die letzte Station durch das Hochhaus-Wien führte mich spontan zurück in den Norden. Denn eigentlich wollte ich den Tag beenden, eh ich der S-Bahn sah, dass diese nur wenige Minuten länger bis zum Handelskai braucht. Dort befindet sich der Millennium Tower – das bis 2014 höchste Bürogebäude Österreichs. Architektonisch durchaus interessant, doch mit fortschreitender Maladität der Beine hatte ich offenbar keinen richtigen Blick mehr für das Wesentliche. Daher ohne Bewertung.
Und so holte ich mir am angrenzenden Markt noch etwas Gemüse und wankte vollgepackt mit vielen Eindrücken, einer Tüte Tomaten – Entschuldigung, Paradeiser – und einem Kilo Snackgurken in die S-Bahn nach Hause. Nicht ohne dem Würstchenmann vorher noch einen Besuch abzustatten und eine seiner delikaten Käsekrainer mit Kren zu verputzen.
Epilog des Tages: Dass bei der Inspiration via Google Maps nicht immer alles klappt, lässt sich nicht verschweigen. Manchmal findet man auch sowas und denkt sich: „Ok, den Umweg gehst du und guckst mal.“ und findet dann so etwas vor. Passiert eben auch.
Ich bin wieder schwer beeindruckt ob des verfassten und der krass tollen Fotos. Sind so einige richtige Hingucker dabei. Welche ich meine, kannst du dir mit Sicherheit denken.
Und wäre deine heimische butze größer und hätte mehr Wandfläche, von diesen fotografischen Erinnerungen müssten unbedingt ein paar auf eine Leinwand.
LG die hippe