Gestern war Todds Geburtstag. Helau! Also ging ich vorher auf den Markt, um eine Kleinigkeit zu besorgen, die ich ihm dann mit einer aus seinem Regal gemopsten Kerze überreichen wollte. Er mag Kaffee und was liegt da näher, als diesen bei Micki zu erwerben. Dies verband ich gleich noch, um meinem Lieblingsbarista Lebewohl zu sagen. Denn morgen geht schon mein Rückflug.
Als Geografie-mündliche-Prüfung-Abiturient hatte ich allerhand mit Welten, Wolkenbildung und Winden zu tun. So war mir der Scirocco wohl bekannt und in Erinnerung – offenbar aber nur aus dem Grund, dass das gleichnamige Auto damals ziemlich weit oben auf der „Haben-wollen-wenn-du-den-Führerschein-hast“-Liste stand. Wer hätte gedacht, dass dieser Wüstenwind knapp 19 Jahre später nochmal in mein Leben tritt, doch diesmal nicht theoretisch in Lehrbüchern, sondern in praktischer Natur. Wie praktisch.
Heute Morgen hatte ich Todd in meinem Apartment zu Gast, um sich die Schäden der vergangenen Sturmnächte anzuschauen. Doch das interessierte ihn nur wenig und so fanden wir uns auf der Terrasse wieder und aus dem Plan, früh das Haus zu verlassen, um Jaffa zu sehen wurde erstmal nichts. Die Stimme und sein Gesicht zeichneten deutliche Spuren der vergangenen Nacht. Bei arabischem Kaffee waren aus der Verankerung gerissene Sonnenschirme und verwehte Aufliegerkissen schnell vergessen und so schwadronierten wir über die richtige Zubereitung des Kaffees, kamen über einen Ritt durch die Geschichte Israels auf den Klimawandel und fanden uns auf einmal in politischen Diskussionen wieder, schließlich ist Todd Halb-US-Amerikaner. Er berichtete von seinem Hauptgeschäft, dem Import von deutschem Bier (Schnitzer Bräu) und wie er dieses in Tel Aviv hoffähig machen will. „If you like beer“ werden wir demnächst eine Verkostung veranstalten. Unter heftigem Nicken nahm ich diese Einladung an.
Tag 2 in meiner neuen temporären Heimat. Der Jetlag von einer Stunde Zeitunterschied macht mir außerordentlich zu schaffen und so bin ich bereits um 8 Uhr Ortszeit wach. Das linke Auge leicht geöffnet, erspähe ich Sonnenschein über dem Meer. Ich stehe auf, ziehe die Vorhänge leicht zur Seite – und siehe da: Das Meer strahlt mich genauso blau an, wie der wolkenlose Himmel. Davor weiße Häuser und endlich verstehe ich, warum die israelische Flagge weiß-blau ist.
Also raus aus den Federn und den weißen Alabasterkörper in die Sonne legen. Vorher muss noch eine knifflige Entscheidung getroffen werden: Begebe ich mich auf Couch 1, Couch 2, Stuhl am Tisch, Liegestuhl oder Hängekorb? Und welcher Ausblick darf’s sein? Der auf die Skyline, auf den Carmel Market oder doch Meerblick?