„‚Laufen‘ sag ma net. Des hoißt ‚gegangen‘.“
Ich traf mich gestern mit einem alten Bekannten auf dem Meidlinger Markt. Als wir im „Ignaz & Rosalia“ saßen, gesellten sich liebe Freunde von ihm (und die Besitzer des Cafés) zu uns und wir kamen ins Plaudern. Neben dem üblichen Smalltalk berichtete ich unter anderem von meinem Ausflug in die Weinhänge rund um den Kahlenberg und Leopoldsberg und wie schweißtreibend der Aufstieg war. Als Piefke drückt man sich offenbar etwas wohlfeiler aus, so dass ich schnell mit der berühmt-berüchtigten Wiener Sprachkorrektheit in Berührung kam. Denn mein saloppes „Ich bin zum Kahlenberg hochgelaufen“ wurde flux berichtigt in „‚Laufen‘ sag ma net. Des hoißt ‚gegangen‘.“ Selbstverständlich mit dem entsprechenden Augenzwinkern und genau deswegen mag ich sie, die Wiener. 😘
Zurück auf Los. Ich sprach ja eingangs vom Kahlen- und Leopoldsberg, von denen ich heute berichten möchte. Die Bim D (für die deutschen Leser: Die Straßenbahn D) brachte mich nach 45-minütiger Fahrt nach Nussdorf, wo die Wandertour starten sollte. Google Maps wies nochmalige 45 Minuten Fußmarsch zum Kahlenberg aus und ich dachte, die knapp 300 Meter Höhenunterschied können einem ausgewiesenen Almöhi wie mir nichts anhaben. Doch aus der fidelen Bergziege wurde schnell ein schnaufender Flachlandtiroler. Ich bin das Rennen offenkundig zu schnell angegangen, so dass die anaerobe Schwelle bereits zur Bergeshälfte erreicht wurde. Doch Wandersmann wäre nicht Wandersmann, wenn er sich nicht zu helfen wüsste und sich eine Rast in den Weinhängen gönnt.
Rein in die Wand
Nach kurzer Rekonvaleszenz nahm ich mir den Rest des Bergmassivs vor. Und wurde belohnt mit einer grandiosen Aussicht auf Wien. Prächtig lag die Stadt vor mir, umrahmt vom Grün der Weinhänge, dem Blau der Donau und dem Weiß des Horizonts. Eine erfrischende Brise ließ den Schmerz vergessen und den Schweiß trocknen und nach einem ausführlichen Innehalten beschloss ich übermütig, auch den nächsten Berg zu besteigen.
Da sich der Leopoldsberg auf beinahe gleicher Höhe befindet, war der Joch schnell bezwungen und bot ein ähnlich schönes urbanes Schauspiel zu meinen Füßen.
Der Abstieg naht
Irgendwann kam ich nicht mehr umhin, den Abstieg zu wagen. Hierfür schlug mir Google Maps eine andere Route vor, die direkt an der Donau endet und auch wesentlich kürzer angegeben war. Bin ich beim Aufstieg einen unnötigen Umweg gelaufen, äh gegangen? Doch auch die Goldene Regel der Mechanik greift am Berg für die menschliche kinetische Energie: „Was man an Kraft spart, muss man an Weg zusetzen.“ Oder anders ausgedrückt: „Was man an Weg spart, muss man an Kraft zusetzen.“ Und so war es nicht verwunderlich, dass die Serpentinen bedeutend steiler waren und Knie und Waden ordentlich zittern ließen. Dafür war’s aber auch kürzer.
Am Donauufer angekommen ward es nur noch ein knapper Kilometer bis zur Futtertränke. Nach dem Karotten-Prinzip hing ein virtuelles Bierglas vor meiner Nase und motivierte mich, auch noch die letzte Meile zu gehen. Bis es endlich geschafft war. Hallo Donaupanorama, hallo Bier!
Was für ein herzerfrischender Bericht!!
Ich habe mehrere Male mein lachen nicht unterdrücken können.
So schön geschrieben.
Und das eine oder andere Bierchen hast du dir mehr als verdient.
Da ging es bei uns ruhiger und entspannter zu…
LG die hippe
Daß Du die Berge so hoch und runter “gegangen” bist…
Das Wetter und die Aussichten haben der “fidelen Bergziege” als Entschädigung deren ganze Pracht offeriert.
Und so liest man auch die gut ausgewählten Worte, die das Erlebte in köstlicher Form verfassten.
Wunderbar Dein Stil, man ist irgendwie dabei und fasziniert. Dankeschön
Schön in Bild & Schreibe – wie immer. Danke fürs Mitnehmen, genieße weiterhin die Zeit!