Ein Wochenende in Sofia
Im März verbrachte ich ein paar Tage in Sofia. Und was soll ich sagen? Ich hatte selten Städte, in denen ich auch danach nicht weiß, was ich von ihnen halten soll. Sofia ist so eine. Einerseits eine wahre Perle Südosteuropas, rauh und mit dem positiven Charme des ehemaligen Ostblocks. Breite Magistralen, üppige Grünanlagen, kein aus seiner langen Geschichte gewachsenes Zentrum. Andererseits mondän, bemüht herausgeputzt und mit den üblichen Manieren westlicher Kulturen. Dazu so weltoffen, dass es sich ein Viertel der Religionen, das sogenannte “Dreieck der Toleranz” leistet: In unmittelbarer Nähe der Kirche Hl. Nedelja schließt sich die Banja-Baschi-Moschee an, die wiederum von der Sofioter Synagoge – die nach den Synagogen in Budapest und Amsterdam der drittgrößte jüdische Sakralbau Europas ist – flankiert wird. Wundervoll. Ein Vorbild für den Rest der Welt.
Darüber hinaus besticht die Stadt durch allerlei reizvolle Ecken, die jedoch erst erkundet werden müssen. Schließlich gibt es bislang keinen originären Reiseführer für die bulgarische Hauptstadt.
Zudem verfügt Sofia über kein stadtbildprägendes fließendes Gewässer. Einzig der Fluss Iskar schlängelt sich durch die Stadt – doch Metropolerprobte würden diesen Bach nicht als Fluss bezeichnen wollen. Spielt er auch im Stadtbild so gut wie keine Rolle. Umso mehr beeindruckt das Witoscha-Gebirge, denn Sofia ist die einzige europäische Hauptstadt, die in unmittelbarer Nähe eines Gebirgsmassivs von über 2.000 Metern Höhe liegt. Doch Obacht: Der Kauf eines Tickets beim Busfahrer, der dich dorthin fährt, legitimiert noch nicht die Fahrt hinauf. Das Ticket muss innerhalb des Busses noch in dafür vorgesehenen – auf über Kopfhöhe befindlichen – Knipsern abgestempelt werden. Sonst winken umgerechnet ca. 20,- EUR Bußgeld. Wer macht denn sowas?
Ach Sofia, ich weiß doch auch nicht, was ich von dir halten soll.