Freitag, 5:30 Uhr. Der Wecker schellt. „Was ist denn nun schon wieder los?“ denke ich mir und will wieder ins Lummerland verschwinden. Doch augenblicklich bin ich im Irdschen und entsinne mich. Warschau calling! Denn im Anflug einer Euphorie im Zuge meiner Ode an das Reisen durch Europa habe ich mir kurzerhand ein Ticket in die polnische Hauptstadt gekauft – und diesmal dient ganz umweltbewusst der Zug als Fortbewegungsmittel.
Also raus aus den Federn, Wasser und etwas schaumbildende Paste ins Gesicht geschmissen, ein paar lebenswichtige Sachen in eine Tasche gepackt und ab in den Berlin-Warschau-Express, der mich in etwas mehr als sechs Stunden durch den Brandenburger Morgennebel gen Osten gondelt. Pünktlich nach der deutsch-polnischen Grenze funktionierte endlich auch das WLAN an Bord.
Ein Mai-Wochenende in Stockholm. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass ich ähnliche Breitengrade besuchte und hatte diese temperaturmäßig als lauschig-angenehm in Erinnerung. Doch die Wettervorhersage ließ die kalte Jahreszeit zurückkehren: Sonnige 9° C tagsüber bei -1° C nachts. Zum Glück waren es in Berlin ebenso spätwinterliche 11 Grad, so dass ich die Winterjacke entmotten und transpirationsfrei zum Flughafen tragen konnte.
Vor ziemlich genau vier Wochen saß ich abends im Sand, den Rücken an einen Pfahl gelehnt, gerade angekommen, auf das Meer blickend und kann mich noch an den ersten Satz erinnern, den ich mir sagte: „Das ist jetzt deine Heimat für die nächsten vier Wochen.” Es war ein gemischtes Gefühl bestehend aus dem Reiz des großen Unbekannten, was nun auch mich zukommt, einer gewissen Neugier, allein all die Tage zu gestalten und der freudigen Erwartung, mit aller Zeit in eine andere Welt einzutauchen.
Ein Gefühl, was sich selbst nach vier Wochen noch ganz nah anfühlt. Gefühlt war es gestern. Zeit für ein kleines Resümee.
4:25 Uhr. Aus dem Telefon säuselt leise der Ton „Erwachen“. Er wird immer lauter, als ob der Scholl Hornhautraspler quer durch’s Gebälk fährt. Nee, oder? Um diese Uhrzeit? Ein kurzer Realitätscheck ergab: Ljubljana is calling und der Flieger wartet nicht. Und so machte sich die schlaftrunkene Truppe auf, kam 45 Minuten vor Abflugzeit an der Sicherheitskontrolle an und durfte als eine der Letzten die sechste Reihe der easyJet-Maschine gen Slowenien einnehmen.
Die Ponte 25 de Abril ist ein wahres Meisterwerk der Brückenbaukunst und prägend im Lissaboner Stadtbild. Nicht nur optisch, sondern auch auditiv. Je näher man ihr kommt, desto präsenter ist das allgegenwärtige Surren des Fahrbahnbelags, der u.a. aus einer Gitterkonstruktion besteht. Nicht nur deutlich in Cacilhas zu vernehmen, sondern selbstverständlich auch, wenn man unter ihr steht.
Eine ambitionierte Aufgabe nahm ich mir an einem Tag in Lissabon vor: Ich wollte die Erfahrungslücke schließen und versuchen, unter der Ponte 25 de Abril hindurchzulaufen. Schließlich habe ich das bislang noch nie getan und wusste auch nicht, ob dies überhaupt möglich ist.
Also schnürte ich nach einem ausgedehnten Frühstück mit dem obligatorischen Pfefferminztee, einem Ei-Sandwich sowie einem Bola de Berlim meine Wanderschlüpfschuhe und begab mich auf den Weg.
Wenn der letzte Lissabon-Besuch vor 2016 liegen sollte, wartet auf den Besucher eine neue Attraktion: Das Museu de Arte, Arquitetura e Tecnologia, kurz MAAT. Im Stadtteil Belém gelegen ist es vom gegenüberliegenden Ufer nur erahnbar. Denn es fügt sich nahtlos in die flache Uferlinie ein, ist dennoch nicht minder spektakulär.
Highlight ist neben der geschwungenen Wellen-Konstruktion das begehbare Dach, von dem man nicht nur einen grandiosen Blick auf den Tejo, sondern auch direkten Zugang zum – durch die Bahn abgeschnitteten – dahintergelegenen Bélem hat. Und mit Glück erstreckt sich auch ein Regenbogen über den Stadtteil. Aber nur mit Glück.