Back in town
Freitag, 8. November 2019. Ich komme zurück in die Stadt, die mich Anfang des Jahres einen entscheidenden Monat meines Lebens begleitet und geprägt hat: Tel Aviv. Bereits jetzt schon zu viel Pathetik. Back to normally. Denn die erste Herausforderung der Reise ist, Klamotten, technische Gerätschaften und Literatur für neun Tage Aufenthalt in 56 x 45 x 25 cm zu verfrachten, zumal das Kameraequipment allein 1⁄3 des Köfferchens ausmacht.
Alles war standesgemäß erst in der Abreisenacht irgendwie verstaut, doch der Koffer ließ sich nicht schließen. Maximale Tiefe überschritten. Also machte ich aus der Not eine Tugend und beschloss, am Abreisetag alles am Mann zu tragen, was zu viel für die Tasche ist. Diverse Langarmshirts, eine dünne Jacke, Kameratasche. In der Hoffnung, dass es die easyJet-Mamsell am Boardingschalter nicht bemerkt. Schließlich sind die Handgepäckbestimmungen auf den Low Cost Airlines ziemlich streng.
Abflug ins gelobte Land
Leicht angeschlagen vom Vorabend begebe ich mich also routiniert zum Gate B20 am Flughafen Tegel, weise mich an der Passkontrolle aus, lege die Devotionalien aufs Röntgenband. Zwei von drei Feuerzeugen – wo kamen die denn her? – wurden konfisziert und so stand ich schließlich beim Boarding und es galt, die erste Aufgabe des Tages zu bewältigen: Souverän den Rollkoffer und die Kameratasche an Bord zu bringen. Was letztendlich auch gelang. Eine 30-sekündige Busfahrt zum Flugzeug später nahm ich meinen vorab reservierten Sitzplatz 27A ein und es konnte endlich ins gelobte Land losgehen. Finally.
Angekommen am Ben Gurion Airport. Wie lang wird die Einreise diesmal dauern? Welche Fragen werden diesmal gestellt? Nonchalant und der Erfahrung der ersten Einreise reicher gehe ich schnurstracks an den Rand der unzähligen Schalter und reihe mich dort ein. Keine 20 Minuten Wartezeit später bin ich schließlich an der Glasbox und etwas enttäuscht und gleichermaßen erstaunt ob der Fragen: Was ich in Israel mache? Wie lang ich bleibe? Wen ich treffen werde? Und: Ob ich jemanden treffen werde, den ich im Februar schon mal getroffen habe? Hoppla! Das System ist gut und weiß Bescheid.
Keine Ahnung, ob die Zollbeamtin Spaß verstand, dass ich lediglich meinen Airbnb-Host Todd wiedersehen werde und der Rest offen bleibt; sie verzog jedenfalls keine Miene. Und so wurden die Fragen offenbar hinreichend beantwortet und ich erhielt meinen Einreiseschniepel, der nur noch auf die Zollschranke gelegt und einem Gesichtsscan vollzogen wurde. Shalom Israel! Ich darf bis zum 8. Februar bleiben.
Wie ich es bei meinem ersten Besuch gelernt habe, ist der beste und günstigste Weg in die Stadt die Fahrt mit dem Zug zur Ha’Hagana Station. Und schlau wie ich bin, habe ich wohlweislich den Hinflug auf den Freitag und den Rückflug auf einen Sonntag gelegt. Denn der Shabbat lässt grüßen, wo es (bislang) keine öffentlichen Transporte gibt. Doch offenkundig habe ich nichts dazugelernt und befand mich vor verschlossenen Bahnsteigtüren. Auf die Frage, ob die Züge heute nicht fahren, wurde vom Personal nüchtern mit „No. It’s Shabbat.“ geantwortet und ich gab mir eine innere Schelle, nicht mehr gewusst zu haben, dass der Shabbat ja schon Freitag Nachmittag beginnt. Also den Weg wieder zurück zu den Taxiständen, wo ich ein shared Taxi suchen wollte.
Alle Sammeltaxis waren belegt und so blieb mir nichts anderes übrig, als ein normales Taxi zu nehmen. In der Reihe sprach mich ein Mann an, der auch in die Stadt wollte und ob wir uns ein Taxi teilen. ‚Selbstverständlich gerne‘ entgegnete ich und so fuhren Patrick und ich gemeinsam in die Innenstadt. Patrick ist aus Malmö, arbeitet in einer lokalen Transportbehörde und ist Kosmopolit. Keine Stadt, die er noch nicht gesehen hat. Sogar das Vogtland kannte er! Die 30-minütige Fahrt erzählten wir über unsere Reisen, die Fahrrad- und eScooter-Situation in unseren Ländern und den bevorstehenden Jahrestag des Mauerfalls in Berlin. Sympathischer Mann! Das Taxi fuhr uns direkt zum Carmel Market in meine unmittelbare Nachbarschaft und jeder legte dem Taxifahrer seine hälftigen 85 Shekel hin. Teamwork über die Grenzen hinaus.
Shaloooom!
Aus dem Taxi gestiegen und in die Nechemiah Street eingebogen ruft es auf einmal laut „Maaarkus!“ und Todd steht mit seinem Hund Bruno grinsend vor mir. Ein Hallo hier in Moskau! Eine herzliche Wiedersehens-Umarmung und einen kurzen Plausch später verabschiedete ich Patrick und lud Todd morgen auf einen Kaffee auf meiner Terrasse ein.
Nachdem ich mich meines Gepäcks entledigt und eine erste Willkommenszigarette auf der Terrasse eingenommen hatte, führte mich der erste Weg auf den Carmel Market, um im noch letzten offenen Kiosk traditionell zwei Hülsen Bier und eine Schachtel Royal Blue kaufen. Diese nahm ich standesgemäß in einer Plastiktüte verpackt mit an den Strand, vorbei an Erinnerungen früherer Tage und denke an meine Worte von vor fast genau 9 Monaten: „Das ist jetzt deine Heimat für die nächsten Tage.“ Und es fühlt sich an, als wäre ich nie weg gewesen.
Und so sitze ich jetzt – genau so wie ich es mir vorgestellt habe – bei 26 Grad mit einem Bier in Tel Aviv, schaue auf den Strand, die Skyline, die ankommenden Flugzeuge über mir und freue mich auf die kommenden 8 Tage.
Ich darf bis zum 8. Februar bleiben.
Ein Hallo hier in Moskau!
Irgendwas ist wohl hier bissle schief… *lach*
Oder wolltest Du uns testen, ob wir aufmerksam lesen??
Auf jeden Fall wieder ein richtig schöner Bericht, wo man wenigstens mal so erfährt, was der Bub so treibt und wie er sich fühlt… wunderschön.
Ganz viel Spaß noch.
lg die hippe