Über das Reisen in fremde Welten
Ich habe dankbarerweise das Privileg, die Welt bereisen zu können und regelmäßige Kurztrips in europäische Städte anzutreten. Europa, weil es des ökologischen Fußabdrucks – oder zumindest des eigenen Gewissens – zuträglicher ist, als für ein paar Tage quer durch die Welt zu reisen. Und ich liebe es.
Ich liebe es, kayak.de aufzurufen und ins Blaue hinein spontan einen Flug zu buchen. Danach auf Airbnb zu stöbern, welche Wohnungen es gibt. Anschließend den entsprechenden Wikipedia-Artikel der Stadt durchzulesen, was es überhaupt dort zu sehen gibt. Sich langsam gedanklich vorfreudesk einzustellen und den Abend vorher die Tasche zu packen, um alles Überlebenswichtige für 2–5 Tage Leben in einer fremden Umgebung mitzunehmen. Sich auf das Wesentliche beschränken zu müssen, denn meist ist die Tasche schon zur Hälfte mit der Kamera befüllt. Morgens aufzustehen und zum Flughafen fahren. Auf dem Weg dahin schon am Sperrbildschirm das Wallet mit der Bordkarte zu sehen.
Eine Reise ins Ungewisse.
Wie komm ich vom Flughafen in die Stadt? Wie zur Herberge? Was erwartet mich dort? Welche Eindrücke erhalte ich von der Stadt? Was mach ich eigentlich den ganzen Tag und was werde ich erleben?
Ich liebe es. Den Trubel am Flughafen, sich einzureihen und sich seiner sicherheitsrelevanten Dinge zu entledigen, um sie durchleuchten zu lassen. Den mittlerweile easyJet-Stammplatz 27F einzunehmen (Fensterplatz mit bester Sichtposition, ohne den Kopf zu sehr verrenken zu müssen). Die Kopfhörer aufzusetzen und mit einer mittlerweile ritualisierten Playlist den Boden zu verlassen. Über den Wolken diese wunderschöne Welt anzusehen. Ankommen in einer anderen Kultur und sich darauf einlassen.
Einem Freund sagte ich einmal, dass jede Stadt seinen eigenen Geruch hat, sobald man gelandet ist und das Flugzeug verlässt. Das bildete ich mir zumindest ein, denn als wir bei einer gemeinsamen Reise den Boden betraten und ich explizit darauf achtete, vernahm ich lediglich Kerosin-Geruch und wir mussten laut lachen. Seitdem bemaß ich dem noch mehr Aufmerksamkeit und es stimmt tatsächlich: Der erste olfaktorische Eindruck der Stadt sind nicht Wacholderblüten, Pinienzweige oder Lavendelbüsche. Sondern schnöder Flugzeugkraftstoff.
Einzutauchen in die Stadt. Vorurteilsfrei durch die Straßen zu streifen. Das Leben einsaugen sowie kulinarische und explorative Experimente zu wagen. Sich fernab ausgetretener Touristenpfade treiben zu lassen und die Stadt zu entdecken. All das macht es für mich so spannend, sich außerhalb der Komfortzone zu bewegen.
Es gab einige Überraschungen, doch keine Enttäuschungen. Wenngleich mich nicht jede Stadt in ihren Bann zog, besaß jede davon ihren eigenen Charme und trug jeweils dazu bei, dieses vielfältige Europa ein bißchen mehr zu verstehen. Manchester, Neapel und Kiew erstaunten mich total, Stockholm, Sofia und Marseille weniger. Eventuell lag das aber auch an persönlichen Befindlichkeiten. Denn überhaupt: Stadt ist, was du draus machst.
Erinnerungen.
Natürlich ist bei beinahe jeder Reise die Kamera dabei. Und ich stelle fest, dass es von Mal zu Mal weniger Bilder werden, die dabei herauskommen. Ich habe mittlerweile gelernt, den Moment zu genießen, dankbar zu sein, das alles erleben zu dürfen. Daher ist jedes Bild, was geschossen wird, mit untrennbaren Erinnerungen verbunden, was ich in dem Moment gefühlt, gedacht, erlebt habe. Und das macht es so wertvoll. Besonders. Mögen die Fotos nur bedingt die künstlerisch wertvollsten sein, stellen sie sich doch als untrennbare persönliche Erinnerung dar, was in dieser Situation in mir vor sich ging.
Ich liebe es. Den letzten Abend in der angemieteten Wohnung zu verbringen, die letzten Sonnenstrahlen und Windzüge zu genießen – meist suche ich mir eine Anhöhe, um noch einmal die Stadt zu überblicken oder zumindest in die Ferne zu gucken –, um am nächsten Tag beinahe routiniert den Weg zum Flughafen anzutreten. Dort die Sicherheitsschleuse zu passieren, die Kopfhörer aufzusetzen, die ritualisierte Playlist einzulegen und wieder über den Wolken gen Heimat zu fliegen. Vollgepackt mit vielen Eindrücken, Erlebnissen, Erfahrungen. Um es nicht abwarten zu können, zu Hause die Speicherkarte in den CF-Kartenslot zu packen und die vergangenen Tage noch einmal genießen und für mich konservieren zu können.
Ich liebe ein Europa ohne Grenzen.
Wieso diese Frage nach dem nicht veröffentlichen?? Das ist genau Dein Ding und Du meinst alles so, wie Du es schreibst! Genau das ist es doch, was für Dich einen “Urlaub”, einen Kurztrip, den Du lieber magst, als die “Normalos” es mögen: durchorganisiert. Meiner Meinung nach unbedingt veröffentlichen. Ist doch evtl. auch ein Ansporn/ein Tipp für Unentschlossene, es genauso machen zu wollen, wie Du es machst. Für mich wäre es nix, ich beneide Dich allerdings um die ganzen Erfahrungen/Sehenswürdigkeiten, die Du in überschaubarem Zeitrahmen erfahren kannst.
Und vor allem in einer übersichtlich gepackten Tasche mit dem aller Notwendigsten.
Tu’ dies, solange Du kannst.
Und danke für diesen wieder einmal so kurzlebigen Bericht. Es macht immer wieder Vergnügen, wenn wir an Deinem Erlebten so teilhaben können…
lg die hippe und danke für das letzte Foto, welches uns so schöne Erinnerungen gemeinsam beschert hat
Ach ja… und diese Berichte sind sicher irgendwie eine ganz eigene Art, das aktuelle/derzeitige zu verarbeiten, für Dich eine eigene Mitte zu finden…
[…] ich im Irdschen und entsinne mich. Warschau calling! Denn im Anflug einer Euphorie im Zuge meiner Ode an das Reisen durch Europa habe ich mir kurzerhand ein Ticket in die polnische Hauptstadt gekauft – und diesmal dient ganz […]
[…] war standesgemäß erst in der Abreisenacht irgendwie verstaut, doch der Koffer ließ sich nicht schließen. Maximale Tiefe überschritten. […]